Die Rolle des Nachlassgerichts bei der Erbschaft / Informationspflichten und Rechte
Wird man immer als Erbe kontaktiert?
Nicht in jedem Fall werden Erben vom Nachlassgericht benachrichtigt. Eine Benachrichtigung erfolgt nur dann automatisch, wenn dem Nachlassgericht ein Testament vorliegt, in dem man als Erbe genannt oder enterbt wurde. Liegt kein Testament vor, gilt die gesetzliche Erbfolge, und die Erben müssen sich eigenständig um die Angelegenheiten des Nachlasses kümmern. Nur wenn sich kein Erbe beim Gericht meldet, ermittelt das Nachlassgericht und kann gegebenenfalls einen Nachlasspfleger einsetzen.
Wann erhält man Post vom Nachlassgericht?
Sobald ein Testament beim Nachlassgericht hinterlegt oder dort eingereicht wird, wird es vom Gericht eröffnet. In diesem Fall werden die im Testament genannten Erben benachrichtigt. Das Nachlassgericht wird durch das Standesamt über den Tod des Erblassers informiert und prüft, ob ein Testament vorhanden ist. Sollte eines vorliegen, muss das Nachlassgericht die Erbregelungen überprüfen und die entsprechenden Erben informieren. Ohne diese Benachrichtigung erfahren testamentarische Erben möglicherweise nichts von ihrer Erbenstellung.
Beispiel: Eine alleinstehende Frau bestimmt in ihrem Testament einen Tierschutzverein als Alleinerben, ohne dies dem Verein mitzuteilen. Der Verein wird erst durch die Mitteilung des Nachlassgerichts über das Testament und seine Erbeinsetzung informiert.
Wen informiert das Nachlassgericht?
Neben den im Testament genannten Erben informiert das Nachlassgericht auch Personen, die aufgrund des Testaments enterbt wurden. Diese haben dann die Möglichkeit, das Testament anzufechten oder ihren Pflichtteil geltend zu machen. Die Benachrichtigung über die Testamentseröffnung enthält in der Regel folgende Informationen:
- Eröffnungsprotokoll
- Kopie des Testaments
- Hinweise zu den weiteren Schritten
Gibt es kein Testament, werden gesetzliche Erben nur dann benachrichtigt, wenn sich niemand als Erbe meldet. In diesem Fall ermittelt das Nachlassgericht die gesetzlichen Erben oder beauftragt einen Nachlasspfleger.
Wann müssen sich Erben selbst an das Nachlassgericht wenden?
Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge, und man muss häufig einen Erbschein beim Nachlassgericht beantragen, um die Erbenstellung nachzuweisen. In diesem Fall ist es notwendig, dass sich die Erben aktiv beim Nachlassgericht melden und gegebenenfalls auch Angaben zu Miterben machen.
Wichtig: Auch ohne schriftliche Benachrichtigung durch das Nachlassgericht beginnt für gesetzliche Erben die Frist zur Ausschlagung des Erbes, sobald sie Kenntnis vom Todesfall erhalten. Ab diesem Zeitpunkt bleiben ihnen sechs Wochen, um zu entscheiden, ob sie das Erbe annehmen möchten. Viele glauben fälschlicherweise, dass sie auf eine Benachrichtigung des Nachlassgerichts warten können, bevor sie das Erbe ausschlagen – das ist jedoch nicht korrekt.
Wie lange dauert es, bis das Nachlassgericht sich meldet?
Die Dauer, bis das Nachlassgericht Erben kontaktiert, variiert stark je nach Einzelfall. Wenn dem Gericht alle erforderlichen Informationen wie Name und Adresse der Erben vorliegen, dauert es in der Regel vier bis sechs Wochen nach der Testamentseröffnung. Manchmal kann es jedoch länger dauern, besonders wenn das Testament unübersichtlich ist und die Erben erst ermittelt werden müssen.
Gibt es kein Testament und meldet sich kein Erbe, kann es aufgrund umfangreicher Nachforschungen des Nachlassgerichts mehrere Monate dauern, bis gesetzliche Erben benachrichtigt werden. Wer weiß, dass er gesetzlicher Erbe sein könnte, sollte sich daher selbst an das Nachlassgericht wenden, um das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen.
Wann tritt der Erbfall ein?
Der Erbfall tritt mit dem Tod des Erblassers ein. Das bedeutet: Auch ohne Benachrichtigung über den Todesfall oder die Erbenstellung wird man automatisch Erbe, sobald man entweder gesetzlicher Erbe ist oder in einem Testament als Erbe bestimmt wurde. In dem Moment, in dem der Erblasser verstirbt, geht das Erbe auf die Erben über – unabhängig davon, ob sie Kenntnis vom Tod oder der Erbschaft haben.
Wichtig: Die Frist zur Erbausschlagung beträgt sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls. Für gesetzliche Erben beginnt diese Frist mit der Kenntnis über den Todesfall. Testamentarische Erben hingegen werden vom Nachlassgericht direkt informiert, wodurch die Frist ebenfalls in Gang gesetzt wird. Für weitere Fragen rund um die Themen Erbschaft und Nachlassgericht lassen Sie sich am Besten von einem fachkundigen Rechtsanwalt beraten.