Verjährung des Pflichtteilsanspruchs: Wichtige Fristen und Regelungen
Im Falle einer Enterbung haben nahe Angehörige wie Kinder oder Ehegatten oft einen Anspruch auf einen Pflichtteil. Doch wie lange bleibt dieser Anspruch bestehen? Welche Fristen gelten für die Geltendmachung des Pflichtteils, und wann tritt die Verjährung ein? In diesem Artikel erfahren Sie, wie lange Pflichtteilsansprüche bestehen, welche Besonderheiten es zu beachten gilt und welche Maßnahmen Sie ergreifen können, um einer Verjährung vorzubeugen.
Grundregel: Verjährung nach 3 Jahren ab Kenntnis des Erbfalls
Der Anspruch auf den Pflichtteil bezieht sich auf die Zahlung eines Geldbetrags und entsteht unmittelbar mit dem Tod des Erblassers (§ 2317 BGB). Damit der Anspruch durchgesetzt werden kann, muss er innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist geltend gemacht werden. Andernfalls verfällt der Anspruch durch Verjährung und ist nicht mehr einklagbar. Im Pflichtteilsrecht greift die allgemeine Verjährungsfrist des Zivilrechts nach §§ 195, 199 BGB:
Pflichtteilsansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren, beginnend ab dem Zeitpunkt, an dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall und seiner Enterbung erlangt hat.
Beginn der Verjährungsfrist: Jahresende nach Kenntnis
Die Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte sowohl vom Tod des Erblassers als auch von seiner Enterbung erfährt. Obwohl der Anspruch bereits mit dem Erbfall entsteht, startet die dreijährige Verjährungsfrist also frühestens am 1. Januar des folgenden Jahres.
Ende der Verjährungsfrist: 3 Jahre zum Jahresende
Da die Verjährungsfrist am Jahresbeginn startet und über drei Jahre läuft, endet sie immer am 31. Dezember, unabhängig vom genauen Todesdatum des Erblassers.
Maximale Verjährungsfrist: 30 Jahre
Unabhängig davon, ob der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall hat oder nicht, verjährt der Anspruch spätestens 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers. Diese sogenannte Höchstfrist sorgt für Rechtssicherheit.
Bedeutung der Kenntnis von Erbfall, Erben und Enterbung
Die Verjährungsfrist startet nicht schon mit dem Erbfall, sondern erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte über die relevanten Umstände informiert ist. Für den Beginn der Verjährung zählt die Kenntnis von drei wesentlichen Tatsachen:
- Der Erbfall – also der Tod des Erblassers.
- Die Enterbung – entweder durch Testament oder Erbvertrag.
- Die Kenntnis darüber, wer der Erbe ist – denn dieser ist der Schuldner des Pflichtteils.
Entscheidend ist dabei nicht, ob der Berechtigte genaue Informationen über den Wert des Nachlasses hat.
Grob fahrlässige Unkenntnis
Grundsätzlich schützt Unkenntnis vor der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Unwissenheit auf grober Fahrlässigkeit beruht. Sollte der Pflichtteilsberechtigte durch Unachtsamkeit nicht wissen, dass er einen Anspruch hat, beginnt die Verjährungsfrist dennoch zu laufen. In solchen Fällen geht man davon aus, dass der Betroffene die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Dies kann eintreten, wenn er sich nach dem Tod des Erblassers nicht erkundigt, ob er enterbt wurde oder einen Anspruch hat.
Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei Schenkungen
Ein besonderer Fall liegt bei sogenannten Pflichtteilsergänzungsansprüchen vor. Diese Ansprüche entstehen, wenn der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod Vermögenswerte verschenkt hat, die den Pflichtteil beeinträchtigen könnten. Für diese Ansprüche gilt ebenfalls die dreijährige Verjährungsfrist, allerdings mit folgenden Besonderheiten:
- Die Frist beginnt erst, wenn der Berechtigte der Schenkung Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig unwissend bleibt.
- Unabhängig davon verjährt der Anspruch spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall.
Maßnahmen zur Vermeidung der Verjährung
Wenn die Verjährung eines Pflichtteilsanspruchs droht, können rechtliche Schritte eingeleitet werden, um die Frist zu unterbrechen. Hierzu zählen:
- Verhandlungen: Eine Hemmung der Verjährung kann durch Verhandlungen zwischen den Parteien erreicht werden (§ 203 BGB).
- Klage: Durch eine rechtzeitige Klageerhebung wird die Verjährung gestoppt.
- Anerkennung: Eine Stundung oder Teilzahlung kann als Anerkenntnis des Anspruchs gewertet werden und führt ebenfalls dazu, dass die Verjährung neu beginnt.
Verjährungshemmung bei Minderjährigen und im Berliner Testament
Bei minderjährigen Erben, die durch das sogenannte Berliner Testament enterbt wurden, gilt eine besondere Regelung: Die Verjährungsfrist beginnt erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres. Dies liegt daran, dass der gesetzliche Vertreter in diesen Fällen meist der überlebende Ehepartner ist, der gleichzeitig auch der Erbe und Schuldner des Pflichtteilsanspruchs ist.
Folgen der Verjährung
Sind Pflichtteilsansprüche verjährt, bleibt der Anspruch zwar bestehen, der Erbe kann sich jedoch auf die Verjährung berufen und die Zahlung verweigern (§ 214 BGB). Sollte der Erbe trotz Verjährung zahlen, kann er das Geld nicht zurückfordern.
Fazit
Pflichtteilsberechtigte sollten ihre Ansprüche genau prüfen und rechtzeitig handeln, um eine Verjährung zu vermeiden.